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Fortsetzung

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Dasselbe gilt für eine Reihe anderer bemerkenswerter Grabsteine auf dem Friedhof, von denen hier nur aufgeführt seien die schönen Denkmale des Stadtphysikus Dr. Swetke (1642 - 1696), des Hauptmanns und letzten Reichsgrafen von Kornseyl und Weinfelden (1735 - 1778), des Bürgermeisters Zschache (1635 - 1708), des Rentverwalters Werner (1683 - 1719) sowie die großen Porphyrplatten der Steinmetzfamilien Haberkorn, der Tuchmacher Rost und der Gerberfamilien Kühnhard, darunter die Platte des 1592 verstorbenen Ratsherrn Philipp Kühnhard (der älteste vom Friedhof bekannte bürgerliche Grabstein) und diejenige der Maria Arnhold geb. Kühnhard, die 1685 ein Stipendium für studierende Familienangehörige errichtete, das noch heute besteht. Noch vor 15 Jahren machte der alte Friedhof einen höchst malerischen Eindruck. Leider ist nichts geschehen, diesen Eindruck zu erhalten. Die alten Grufthäuschen sind inzwischen ihrer Dächer beraubt worden. Überall wuchert Gebüsch und Gestrüpp, so daß man manchen denkwürdigen Grabstein kaum noch erreichen kann. Manches wäre wohl noch zu retten, wenn sachverständige Hand bei der bevorstehenden Auflassung sorglich die alten Baumgruppen und erhaltungswerten Grabmale in den Rahmen der geplanten Parkanlage einbezöge. Es ist unendlich zu bedauern, daß man nicht früher auf die Stimmen der wenigen Verständigen gehört hat, die immer wieder eindringlich auf den Verlust hingewiesen haben, welcher der Stadt bei einer Vernichtung dieser ehrwürdigen Begräbnisstätte droht. Was heute noch erhalten werden kann, ist selbst bei sorgfältigster Planung nur ein kümmerlicher Rest einer Anlage, die noch vor zwei Jahrzehnten zu den eindrucksvollsten Friedhöfen in weitem Kreise gehörte!

Vom Pfauplatze aus schreitet man stadtwärts durch eine Straßeneinschnürung, welche die Stelle des einstigen Untertores anzeigt. Umgeben von niedrigen Häusern erhebt sich vor uns Chor und Schiff der Kunigundenkirche, besonders schön, wenn die untergehende Sonne die roten Porphyrquader warm aufleuchten läßt und zwischen den Strebepfeilern schon violette Schatten liegen. Hat auch die Zeit die roten Wände schon dunkeln lassen und manche Feinheit der Bildhauerarbeit vernichtet, nirgends kommt die Wärme und Schönheit des Rochlitzer Steins so zur Geltung wie an diesem Bauwerk, das ein gütiges Geschick durch die Jahrhunderte bewahrt hat: Die Kirche ist das einzige Gebäude, das alle Stadtbrände überdauert hat, obwohl Dach und Türme mehrfach schon Feuer gefangen hatten. Auch als während der Schlacht zu Rochlitz am 2. März 1547 unmittelbar neben der Kirche zwei Pulverwagen in die Luft flogen, haben wohl die Skulpturen der Südseite Schaden genommen, aber sonst wurde der Bau kaum mitgenommen.

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Den ältesten Bestand der angeblich von der Kaiserin Kunigunde gegründeten Kapelle, die um 1478 einmal als Pfarrkirche bezeichnet wird, endgültig aber erst nach der Reformation Pfarrkirche wurde, haben wir in den beiden seitlich des Hauptturms als Stümpfe erscheinenden, aber wohl nie höher gewesenen Türmen und dem Turmunterbau vor uns. Schon die Tatsache, daß diese Teile aus verputztem Schiefer der Schloßumgebung errichtet sind, zeigt ihr hohes Alter an. Wie in romanischer Zeit allgemein üblich, verwendete man auch hier den Porphyr nur zu Werkstücken besonderer Art, also vorwiegend zu Fenster- und Türgewänden sowie zu Eckquadern, die sich farbig aus dem Grau des Putzes hervorhoben. Einige romanische Architekturteile haben sich noch erhalten, in der Hauptsache ist aber bei dem Turmbau nach dem Stadtbrande von 1681 auch dem Unterbau nachträglich ein gotisierendes Gewand angelegt worden. Damals waren die beiden hohen spitzen Dachkappen, die uns Dilichs Stadtansicht in ungleicher Ausbildung zeigt, abgebrannt. Der Maurermeister Daniel Eckhardt errichtete nunmehr nach seinem vom Leipziger Ratsbaumeister Christian Schmied „approbierten“ Plan einen massiven Mittelturm, dessen Mauerwerk bis über den Dachfirst geführt wurde. Die früheren Seitentürme wurden durch niedrige Kappen abgedeckt. Damals wurde auch der Vorbau, dessen verwittertes Portal ebenso wie die Vorhalle alten gotischen Bestand darstellt, erhöht. Zwischen die alten Türme wurden für den neuen Turm Spitzbogen eingezogen und auch mehrere Spitzbogenfenster eingesetzt. Der Hauptturm wurde über den neuen Spitzbogen 12 Ellen hoch im Geviert gemauert bis zu der auf Kragsteinen aus Porphyr ruhenden Galerie. Darüber hinaus erhielt der Turm achteckigen Querschnitt, zunächst 12 Ellen hoch; doch gab man während des Baus noch 2 Ellen zu. Die in Höhe der Galerie eingebaute Wächterwohnung erhielt acht Fenster, um einen möglichst umfassenden Ausblick zu gewähren. Der in erster Linie als Wachtturm errichtete Turm bekam auch schon seine Laterne und die Form der Bedachung; nach dem Brande von 1804 wurden Turmdach und Helme der Seitentürme in der früheren Form von 1688 wiederhergestellt. Eckhardt mußte den Vorbau, Haupt- und Seitentürme, also alle verputzten Teile der Kirche mit Ölfarbe anstreichen, wohl um den Gegensatz zum Porphyrquaderbau des Schiffs und Chors etwas zu mildern. Ein über der Galerie eingesetzter Denkstein (ein Mann in einem am Seil hängenden Kasten knieend, mit der rechten Hand sich am Seil haltend, mit der linken einen Palmwedel haltend) mit längerer Inschrift erinnert daran, daß 1688 ein Arbeiter vom Gerüst des Turms abstürzte, sich aber im Fallen an einem Aufzugsseil festhalten konnte und ohne Schaden davonkam.

 

Abb. 8. Der „Werkmatz“,
das Wahrzeichen von Rochlitz

(Im Rathausflur)

 

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So gut der neue Hauptturm sich dem alten Bestand der Westseite anzupassen versuchte, so sehr sticht er gegen Schiff und Chor ab, die völlig mit Porphyr verkleidet sind. Wie schon erwähnt, hielt Steche diese Teile für eine einheitliche Schöpfung Arnolds von Westfalen. W. C. Pfau, der seit Jahrzehnten seine ganze Arbeitskraft in den Dienst der Rochlitzer Ortsgeschichte gestellt hat und insbesondere den Steinmetzzeichen seine Aufmerksamkeit schenkte, hat schon 1895 im Neuen Archiv für Sächsische Geschichte erschöpfend dargelegt, daß von einem einheitlichen Werke keine Rede sein kann. Die einzige Quelle, welche Angaben über den Neubau der Kirche enthält, Heines Chronik von 1719, berichtet: „Den Chor hat man, besage eines alten Stadt-Buches, auf welches sich Mathesius beziehet, erst anno. 1417. neu gebauet; anno 1476. aber ist die fördere Kirche gewölbet worden. Solches bezeuget die an gedachtem Gewölbe im Stein gehauene alte Jahrzahl 1476.“

 

 


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