Den ältesten Bestand der angeblich von der Kaiserin Kunigunde gegründeten Kapelle, die um 1478 einmal als Pfarrkirche bezeichnet wird, endgültig aber erst nach der Reformation Pfarrkirche wurde, haben wir in den beiden seitlich des Hauptturms als Stümpfe erscheinenden, aber wohl nie höher gewesenen Türmen und dem Turmunterbau vor uns. Schon die Tatsache, daß diese Teile aus verputztem Schiefer der Schloßumgebung errichtet sind, zeigt ihr hohes Alter an. Wie in romanischer Zeit allgemein üblich, verwendete man auch hier den Porphyr nur zu Werkstücken besonderer Art, also vorwiegend zu Fenster- und Türgewänden sowie zu Eckquadern, die sich farbig aus dem Grau des Putzes hervorhoben. Einige romanische Architekturteile haben sich noch erhalten, in der Hauptsache ist aber bei dem Turmbau nach dem Stadtbrande von 1681 auch dem Unterbau nachträglich ein gotisierendes Gewand angelegt worden. Damals waren die beiden hohen spitzen Dachkappen, die uns Dilichs Stadtansicht in ungleicher Ausbildung zeigt, abgebrannt. Der Maurermeister Daniel Eckhardt errichtete nunmehr nach seinem vom Leipziger Ratsbaumeister Christian Schmied „approbierten“ Plan einen massiven Mittelturm, dessen Mauerwerk bis über den Dachfirst geführt wurde. Die früheren Seitentürme wurden durch niedrige Kappen abgedeckt. Damals wurde auch der Vorbau, dessen verwittertes Portal ebenso wie die Vorhalle alten gotischen Bestand darstellt, erhöht. Zwischen die alten Türme wurden für den neuen Turm Spitzbogen eingezogen und auch mehrere Spitzbogenfenster eingesetzt. Der Hauptturm wurde über den neuen Spitzbogen 12 Ellen hoch im Geviert gemauert bis zu der auf Kragsteinen aus Porphyr ruhenden Galerie. Darüber hinaus erhielt der Turm achteckigen Querschnitt, zunächst 12 Ellen hoch; doch gab man während des Baus noch 2 Ellen zu. Die in Höhe der Galerie eingebaute Wächterwohnung erhielt acht Fenster, um einen möglichst umfassenden Ausblick zu gewähren. Der in erster Linie als Wachtturm errichtete Turm bekam auch schon seine Laterne und die Form der Bedachung; nach dem Brande von 1804 wurden Turmdach und Helme der Seitentürme in der früheren Form von 1688 wiederhergestellt. Eckhardt mußte den Vorbau, Haupt- und Seitentürme, also alle verputzten Teile der Kirche mit Ölfarbe anstreichen, wohl um den Gegensatz zum Porphyrquaderbau des Schiffs und Chors etwas zu mildern. Ein über der Galerie eingesetzter Denkstein (ein Mann in einem am Seil hängenden Kasten knieend, mit der rechten Hand sich am Seil haltend, mit der linken einen Palmwedel haltend) mit längerer Inschrift erinnert daran, daß 1688 ein Arbeiter vom Gerüst des Turms abstürzte, sich aber im Fallen an einem Aufzugsseil festhalten konnte und ohne Schaden davonkam.
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