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Fortsetzung

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Rückblickend nach der Mühle bietet sich ein prachtvoller Blick auf das doppeltürmige Schloß. Bald steht man vor der Baderei, einem hübschen Barockbau mit Rundportal von 1707. Hier zweigt eine kurze Gasse ab hinauf zum Markt. Eine Sackgasse (das ehemalige Tuchmachergäßchen) an der Rückseite der Häuschen am Mühlgraben ermöglicht einen Blick auf Reste der alten Stadtmauer, die vor der Baderei einst ein Tor aufwies. Verfolgt man den Weg am Mühlgraben weiter, so nimmt einen bald die schöne Kastanienallee an der Bleiche auf. Zur Linken gewahrt man am oberen Terrassenhang inmitten der Gärten, welche zu den Häusern der „Winterseite“ (d. h. der südlichen Markt- und Hauptstraßenseite) gehören, einen gut erhaltenen Rundturm und einen Turmstumpf der Stadtmauer. Rechts von uns weitet sich die Muldenaue bis zum Zusammenfluß des Mühlgrabens und der Mulde. Hier, wo noch heute die Waschfrauen bleichen, befindet sich die uralte Bleiche, die sich ursprünglich bis an die alte Stödniger Furt unterhalb des Schützenhauses erstreckte. Mindestens seit 1380 ist die landesherrliche Bleiche, die dem Amt unterstand, nachweisbar; auf ihr mußten die Rochlitzer, Mittweidaer und Geithainer Leineweber bleichen, sogar von Frankenberg kam man hierher. Am Ausgang des Mittelalters bestanden im alten markgräflichen Gebiet überhaupt nur die Bleichen in Rochlitz und Chemnitz. Die Wichtigkeit der Bleiche wirkte sich auch darin für die Stadt aus, daß hier die Leineweber, dle bereits 1442 vom Rat einen Innungsbrief erhielten, am 29. August 1456 zusammen mit den Zünften von Chemnitz, Mittweida usw. wegen ihrer treuen Dienste von Friedrich dem Sanftmütigen ehrlich gesprochen wurden. So konnten sie denn auch schon 1476 in der Kunigundenkirche ihr Wappen im Schiffgewölbe neben dem der angesehenen Tuchmacherinnung anbringen, während sonst für das Reichsgebiet die Leineweber erst durch die Augsburger Reichspolizeiordnung ehrlich gesprochen wurden. Da die Einkünfte aus der Bleiche späterhin durch Einführung der Schwarzfärberei zurückgingen und endlich ganz aufhörten, verpachtete 1564 der Kurfürst August das Gelände der Stadt. Bald darauf entstanden auch die Wohnhäuser zwischen Fischergasse und Brücke. Noch heute gewährt diese Gegend fast genau denselben Anblick wie zur Zeit Dilichs um 1628, nur daß jetzt die Kastanienallee der Bleiche einen schöneren Rahmen verleiht.

 

Abb. 5. Zellmann‘sche (zuletzt Damm‘sche) Gruft
auf dem alten Friedhof

(Zustand 1926)

 

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Gegenüber der Bleiche steigen schroff aus dem Muldenbett die Schieferfelsen des Junkerbergs empor, von dessen Höhen sich der schönste Überblick über Stadt und Schloß darbietet: Von Dilich, Merian, J. G. Heinsius, J. A. Richter und aus neuerer Zeit besitzen wir wirkungsvolle Zeichnungen, die von diesem Berge aus aufgenommen wurden. Über den Junkerberg führt die Chemnitzer Straße zur Brücke, an der sie mit der Waldheim-Dredener und der Mittweidaer Straße zusammentrifft. Der Sage nach ist die Brücke zugleich mit her Kunigundenkirche um 1016 von der Kaiserin Kunigunde gegründet worden. 31 Dörfer mußten im Mittelalter Brückengetreide entrichten, von dem u. a. auch die ursprünglich an der Brücke befindliche Kapelle des Brückenheiligen Nicolaus mit unterhalten wurde, bis sie 1573 vom Hochwasser weggerissen wurde. Die Brücke wird erstmalig 1432 erwähnt, als sie durch Hochwasser zerstört worden war. Bereits 1464 wird eine steinerne Brücke genannt. Immer wieder machten sich Ausbesserungen und mehrfach fast völlige Erneuerungen nötig. Seit 1573 hatte die Brücke bis in die neueste Zeit zwei Holzjoche. Erst der Brückenneubau 1933 hat wieder eine vollkommene Steinbrücke geschaffen, die in ihrem Aufbau sehr stark an die alten Formen erinnert. Nur schade, daß die Lampenmasten die Silhouette so unschön zerreißen!

 

Abb. 6. Eingang zur Zellmann’schen Gruft
Rechts Grabsteine der Steinmetzfamilie Haberkorn.

(Zustand 1926)

 

Den Zugang zur Brücke am linken Ufer vermittelte früher nur die Landgasse, die jetzige Dresdner Straße. Heute muß der Wagenverkehr nach der Stadt die Brückengasse (sie ist der Umbenennung zur „Straße“ glücklich entgangen trotz ihrer Breite!) benützen, die in dem einzig erhaltenen Scheunenplan endet. Um den alten Friedhof herum trifft die moderne Umleitung auf dem Clemens-Pfau-Platz mit dem alten Weg zusammen. Dieser Platz, einst der „untere Steinweg“ genannt, vermittelte durch das Untertor den Zugang zur Innenstadt. Der Durchgangsverkehr von der Brücke nach Poppitz und zur Leipziger Straße ließ die Stadt seitwärts liegen und benützte den Weg entlang der Mauer (die heutige Fleischerstraße, nach dem einst hier befindlichen städtischen Kuttelhof benannt) und weiterhin über die Pfarrfelder, auf denen die Neubauten in der Umgebung der Deutschen Oberschule entstanden sind. Am Pfauplatz befindet sich das Hospital, das an der Stelle des 1852 abgebrannten Baus errichtet ist. Auf dem kleinen Schmuckplatz daneben stand bis 1904 die 1563 erbaute schlichte Hospitalkirche; sie wurde wegen Baufälligkeit abgebrochen. Eine Reihe der in ihr aufgestellten Grabsteine wurde auf dem anschließenden alten Friedhof untergebracht. Als kostbarstes Stück befand sich darunter ein umgedreht als Altartrittplatte verwendetes Grabmal mit großem Kreuz und dem Wappenschild derer von Heldrungen in Rochlitzer Porphyr, nach Pfau offenbar ein Deutschherrengrabmal aus der Zeit um 1280, das aus einer der Rochlitzer Kirchen 1563 in die Hospitalkirche gekommen war. Es ist dringend zu wünschen, daß dieses heraldische Meisterwerk künftig einen Standort erhält, der seine Erhaltung für die Zukunft gewährleistet (etwa in der Kunigundenkirche).

 

Abb. 7. Deutschherrendenkmal
Mit dem Wappen derer von Heldrungen, um 1280

(Auf dem alten Friedhof)

 

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